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NachDenkSeiten

Keine Freigabe für Kiew zum Einsatz von Langstreckenraketen: Kommt der Westen endlich zur Vernunft?

20. September 2024 um 9:00
Ein Artikel von Anatol Lieven

Was die Erlaubnis an die Ukraine betrifft, mit US-amerikanischen und britischen Raketen tief in Russland einzudringen, scheint – zumindest im Moment – in Washington die Vernunft gesiegt zu haben, und London hat sich dem angeschlossen. Obwohl hochrangige britische Politiker Premierminister Keir Starmer ermutigt haben, gegen die amerikanische Linie zu verstoßen und den Einsatz dieser Raketen zuzulassen, sollten wir alle hoffen, dass er seine derzeitige Zurückhaltung beibehält. Ein Beitrag von Anatol Lieven, aus dem Englischen übersetzt von Éva Péli.

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NachDenkSeiten Audiocast (MP3)
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Denn solche Angriffe würden zwar dazu beitragen, das russische Vorrücken zu verlangsamen, aber nicht zum „Sieg“ der Ukraine führen, und sie würden wahrscheinlich eine Form der russischen Vergeltung gegen Großbritannien nach sich ziehen – ohne die Gewissheit, dass die USA dann Großbritannien zu Hilfe kommen würden. Tatsächlich gibt es keine Hinweise aus ihren Aussagen oder Handlungen, dass die Interessen Großbritanniens und der britischen Bürger überhaupt einen Platz im Denken der britischen Politiker haben, die auf eine Eskalation in der Ukraine drängen.

Bisher hat sich Wladimir Putin in seiner Reaktion auf die militärische, ausbildungsbezogene und nachrichtendienstliche Unterstützung des Westens für die Ukraine meist auf Drohgebärden beschränkt. In dieser Angelegenheit bedeuten die jüngsten Äußerungen des russischen Präsidenten jedoch, dass es für ihn äußerst schwierig wäre, nicht zu reagieren. Er ist seit Langem heftiger – wenn auch meist privater – Kritik von Kreml-Hardlinern ausgesetzt, die nicht ohne Grund argumentieren, dass er bisher nur einen Bruchteil des verfügbaren Militärpersonals und der Ressourcen Russlands für den Krieg in der Ukraine mobilisiert hat. Darüber hinaus wird ihm vorgeworfen, dem Westen wiederholt erlaubt zu haben, Moskaus „rote Linien“ zu überschreiten.

Russland wird mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mit einem Atomschlag auf die Ukraine reagieren, geschweige denn auf den Westen – wenngleich ein Test einer Nuklearwaffe möglich ist. Der Einsatz selbst taktischer Atomwaffen wäre Russlands allerletztes Mittel. Stattdessen besteht die Gefahr, dass Angriffe auf Russland durch westliche Raketen zu begrenzteren Vergeltungsmaßnahmen führen, was wiederum einen Kreislauf der gegenseitigen Eskalation auslösen würde, der in einem umfassenden Krieg endet.

Sollte es zu Angriffen auf Russland mit Storm-Shadow-Raketen und ATACM-Flugzeugen kommen, hat Moskau eine Reihe möglicher Reaktionen. Diese würden sich höchstwahrscheinlich zunächst gegen Großbritannien und nicht gegen die USA richten, um ein starkes Signal zu senden, ohne unbedingt zu einer Vergeltung der USA zu führen. Eine Möglichkeit wäre, britische Militärflugzeuge abzuschießen, die in der Nähe des russischen Luftraums in der Ostsee, im Schwarzen Meer oder in der Arktis operieren. Noch gefährlicher wäre es, wenn Russland versuchen würde, britische Aufklärungssatelliten, die der Ukraine bei der Zielerfassung helfen, zu zerstören.

Wahrscheinlicher wäre als erster Schritt eine radikale Eskalation der Sabotage in Europa, die aus Moskaus Sicht durch die Zerstörung von Nord Stream 2 gerechtfertigt wäre. Dazu könnten beispielsweise Angriffe auf die britische Energieinfrastruktur in der Nordsee gehören. Es hat bereits einige Sabotageakte gegeben, die jedoch bisher geringfügig und abstreitbar waren und eher abschreckend als ernsthaft schädigend wirken sollten. Bisher wurde niemand getötet und kein bedeutendes Stück Infrastruktur zerstört. Das würde sich ändern, wenn die Ukraine mit westlichen Raketen tief in Russland einfällt.

Angesichts der wachsenden Nähe Russlands zum Iran könnte der Kreml die Hisbollah und die Huthis sowohl mit Raketen als auch mit Satellitentechnologie ausstatten, um viel effektivere Angriffe auf Israel und die westliche Schifffahrt zu starten. Putin deutete dies im Juni an, als er sagte: „Wenn jemand glaubt, dass es möglich ist, solche Waffen in ein Kriegsgebiet zu liefern, um unser Territorium anzugreifen, warum haben wir dann nicht das Recht, unsere Waffen derselben Klasse in die Regionen der Welt zu liefern, in denen sensible Einrichtungen der Länder angegriffen werden, die dies Russland antun?“

Was auch immer geschieht, der gegenwärtige Krieg wird mit einer Art Kompromiss enden, der für beide Seiten mehr oder weniger unbefriedigend ist. Es ist militärisch unmöglich, dass die Ukraine bedeutende Gebiete ihres verlorenen Territoriums zurückerobert oder dass Russland die gesamte Ukraine besetzt und unterwirft. Eine leichte Verschiebung der Bedingungen des letztendlichen Kompromisses zugunsten der Ukraine rechtfertigt die fortgesetzte westliche Hilfe für Kiew – aber nicht in einem Ausmaß, das einen Weltkrieg und die nukleare Vernichtung riskiert.

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Quellen & Links

Dieser Artikel ist im englischen Original zuerst auf UnHerd erschienen.
https://unherd.com/newsroom/is-the-west-finally-seeing-sense-on-long-range-missiles-to-ukraine/

Titelbild: Shutterstock / Maxal Tamor

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